Tupperdosen-Suche mit GPS
von MICHAEL THALKEN, Kölner Stadt-Anzeiger, 05.08.2006Mechernich-Satzvey - Familie Peter aus Satzvey frönt einer recht ungewöhnlichen Leidenschaft: Bei Wind und Wetter erwandern Vater Lothar, Mutter Ingrid, Sohn Olaf und Freundin Viola die schönsten Gegenden der Eifel. An sich ist das ja noch nicht bemerkenswert. Aber wenn sie sich dann im tiefen Forst oder auf hohen Felsen gänzlich unbeobachtet fühlen, dann kramen sie eine Tupperdose hervor, die mit Spielzeug, einem Logbuch und anderen Dingen gefüllt wird. Das Plastikgefäß wird schließlich vor Ort versteckt. Ein hohler Baum oder eine Felsspalte sind dafür geradezu ideal.
Jetzt aber geht es erst richtig los: Vater Lothar und Sohn Olaf ziehen kleine GPS-Empfänger aus der Tasche und nehmen Kontakt auf mit mehreren Satelliten, die in 18 000 Kilometern die Erde umkreisen. Je nach Witterung kann dies ein paar Minuten dauern. Dann aber erscheinen die exakten geographischen Koordinaten auf dem Display. Die befremdlich anmutende Mission des Quartetts ist damit aber noch immer nicht erfüllt. Zu Hause wählt man sich ins Internet ein und veröffentlicht die Koordinaten auf einer ganz bestimmten Seite.
Nicht nur die Familie Peter, über 100 weitere Menschen aus der Eifel machen exakt dasselbe, deutschlandweit sind es über 4000 und weltweit Hunderttausende. In der Eifel schlummern bereits über 300 Tupperdosen oder auch größere Munitionskisten an verborgener Stelle. Weltweit rechnet man mit knapp 300 000 Verstecken in 222 Ländern.
Was aussieht wie das Treiben eines internationalen Geheimbundes, ist nichts weiter als ein altes Kinderspiel mit modernster Technik, eine Art Schnitzeljagd mit einem „Global Position System“ (GPS).
Clinton machte es möglich
Angefangen hat eigentlich alles mit Bill Clinton. Der ließ die „künstliche Ungenauigkeit“ der Satellitensignale, die nur das Militär exakt entschlüsseln konnte, im Mai 2000 abschalten. Konnte man bis dato mit einem GPS-System nur eine Genauigkeit von knapp 100 Metern erreichen, so gab es plötzlich nur noch eine Abweichung von zehn Metern. Damit wurde das System erstmals auch für Zivilisten interessant.
Der Amerikaner Dave Ulmer versteckte daraufhin spaßeshalber einen Topf mit Krimskrams, einen „Cache“ (Lager), in den Wäldern bei Portland / Oregon und veröffentlichte die Koordinaten des Verstecks in einer Newsgroup. Jeder, der über ein GPS-System verfügte, konnte den Schatz nun wiederfinden. Das „Geocaching“ war geboren.
Zum Geocacher wurden der heute 66-jährige Lothar Peter und seine Frau durch Sohn Olaf. Der 33-Jährige arbeitet bei der DHL in Bonn im Management und kümmert sich um Computernetzwerke. Mit Technik kennt er sich daher bestens aus. Mit seinem ersten Auto-GPS probierte er das Geocaching vor einigen Jahren und war sofort begeistert. Die Faszination schwappte auf seine Eltern über, die bis dato „nur“ eingefleischte Wanderer waren. Weil sie dadurch die Eifel aber aus dem Effeff kannten, entwickelte Vater Lothar immer neue Ideen für ein Cache-Versteck.
„Insgesamt haben wir schon 22 Caches gelegt“, schwärmt Lothar Peter. Meisterstück ist der „Ring of Eifelfire“, hier müssen die Schatzsucher gleich 13 in einem Kreis angelegte Verstecke in der Vulkaneifel finden. Weitere Caches legte Familie Peter beispielsweise am Michelsberg, in Bürvenich, in Eicks oder am Pflugberg in Kallmuth.
Ihre Verstecke wurden mittlerweile schon über 800 Mal gefunden. Diese Zahl lässt sich aus den Logbüchern schließen. Denn jeder Geocacher, der ein Versteck findet, hinterlässt im Logbuch sowie im Internet eine kleine Eintragung. Außerdem ist es möglich, einen Gegenstand aus dem Cache mitzunehmen, wenn man dafür einen anderen hineinlegt, was besonders Kindern Spaß macht.
„Es gibt einfache Caches, wo die Koordinaten direkt zur Fundstelle führen, aber auch komplizierte Rätsel-Caches, bei denen man zuvor einen Haufen kniffliger Fragen lösen muss, um an die Koordinaten zu kommen“, berichtet Olaf Peter. Selbstverständlich suchen die Peters auch selbst gerne Schätze. Gut 200 Mal wurden sie bereits fündig. Freilich nicht nur in der Eifel, sondern auch im Urlaub auf Gran Canaria, denn Geocaching lässt sich fast überall auf der Welt betreiben. Um an die Schätze zu kommen, musste das Quartett schon Blindenschrift enträtseln oder die Geräusche eines wählenden Telefons in Nummern umsetzen, was teilweise die Fähigkeiten eines Scotland-Yard-Inspektors erforderte.
„Wichtig bei der ganzen Geschichte ist der Spaß“, berichten die Peters einmütig. „Geocaching motiviert einen immer wieder, sich zu bewegen und an die frische Luft zu gehen“, weiß Ingrid Peter. Zudem lerne man viele Menschen kennen, die sich nach erfolgreicher Suche via Internet bei einem meldeten.